MSC-Vorkämpfer

Heinz de Carbonnel

Samstag, 28. Juli 2018 | von Willibald Müller und Michael Reiß

Heinz de Carbonnel

Heinz de Carbonnel

Heinz de Carbonnel (* 22.09.1916 in Königsberg,
† 17.07.1986 in München) war Mitglied jener legendären MSC-Mannschaft, die — angeführt von Wolfgang Unzicker — in den Jahren 1951—1954 und 1962—1965 acht deutsche Meistertitel für unseren Club erspielte. Er entstammt einer Adels­familie, die vor den Wirren der Französischen Revolution zunächst nach Italien geflohen war und später in Ostpreußen eine neue Heimat gefunden hatte. Heinz‘ Vater war Gerichtsrat am Ober­landes­gericht Königsberg (heute Kaliningrad); dem Wunsch des Vaters folgend, studierte auch Heinz Jura und legte 1939 das 1. Staatsexamen ab.

Das Ablegen des 2. Staatsexamens verhinderte der Beginn des Zweiten Weltkriegs; Heinz wurde zur Wehrmacht eingezogen und als Sanitäter ein­gesetzt. 1944 geriet er in Kriegsgefangenschaft, die er nach eigener Aussage nur deshalb über­lebte, weil der russische Lagerkommandant eben­falls begeisterter Schachspieler war.

Bereits in 1946 aus der Lagerhaft entlassen, folgte Heinz seiner Freundin und späteren Ehefrau nach Bayern; 1947 kam Sohn Paul zur Welt (spielt heute für den SC Eching im Norden von Mün­chen). An den Abschluss des Jurastudiums war nicht mehr zu denken; der frischgebackene Fami­lienvater musste Geld verdienen und trat eine Stelle als „Juristischer Sachbearbeiter in Wohnungs­angelegenheiten“ bei der Stadt München an.

Fortsetzung:

Mit der Empfehlung eines Titels als Königsberger Stadtmeister (1938/39) im Gepäck, fand Heinz rasch Aufnahme in die Münchner Schachkreise. Bald war das damalige MSC-Spiellokal seine zweite Heimat: Das Hotel „Torbräu“ am Isartor hatte jeden Tag für Schachspieler geöffnet.

Heinz‘ Leidenschaft für Schach, auch für Fernschach (geteilter 4. Platz bei der 5. Fernschach-WM 1965/68) war riesig. Sohn Paul berichtet schmunzelnd, die elterliche Wohnung „bestand aus Schachbüchern und Karteikarten“. Er habe den Verdacht, dass er nur deswegen ins Internat gesteckt worden sei, damit der Vater daheim Ruhe für das königliche Spiel hatte …

Von insgesamt 20 eingesetzten Spielern waren nur drei beim Gewinn aller acht Meistertitel dabei: Wolfgang Unzicker, Otto Thiermann und — Heinz de Carbonnel. An diese herausragende Persön­lichkeit unserer Clubgeschichte erinnern wir seit einiger Zeit mit der alljährlichen Verleihung des „Heinz-de-Carbonnel-Wanderpokals“ an den Gewinner unserer Clubmeisterschaft. Aktueller Clubchampion ist übrigens Christoph Stock, der dem MSC seit Mitte der 1980er Jahre verbunden ist und somit auch schon fast Vorkämpfer-Status erreicht hat ;-).